Gremienspiritualität

Geistliche Begleitung von Gruppen, Gremien, Gemeinschaften und Gemeinden

Was ist Geistliche Begleitung?

Geistliche Begleitung, die Urgestalt der Seelsorge, gewinnt erneut an Bedeutung. Er ist eine sehr erfreuliche Entwicklung, dass sich in den Ausbildungsgruppen zur Geistlichen Begleitung nicht nur Pfarrerinnen und Pfarrer, Gemeindepädagoginnen und Religionspädagogen zusammenfinden, sondern in wachsender Zahl auch Menschen aus unterschiedlichen Berufsfeldern der Diakonie.

Motiviert durch die Sehnsucht nach Sinn, verbindet Geistliche Begleitung Menschen in Kirche und Diakonie.

Im Zentrum dieser Form der Individualseelsorge steht der persönliche Glaubensweg der Begleiteten und deren geistliche Praxis. Es geht um das „Lebensgespräch des Menschen mit Gott“. Geistliche Begleitung trägt zur Klärung und Vertiefung der persönlichen Gottesbeziehung bei.

Geistliche Begleitung hat ihren Platz auch im kirchlichen und diakonischen Alltagszusammenhang. Professionelles theologisches, medizinisches und diakonisches Wissen wird durch eine spirituelle Praxis nicht aufgeweicht, sondern vertieft.

Geistliche Begleitung von Gemeindegliedern, Patientinnen, Patienten oder deren An- und Zugehörigen geschieht häufig „zwischen Tür und Angel“, in zeitlicher Knappheit und angesichts existentieller Krisen. Das bewußt geführte eigene „Lebensgespräch mit Gott“ erweitert die Kompetenz in der existentiellen Kommunikation mit Menschen, die an kirchliche und diakonische Mitarbeitende gewiesen sind.

Geistliche Begleitung in Gruppenprozessen

In der biblischen und kirchlichen Tradition gehört neben der Geistlichen Begleitung Einzelner auch die Begleitung von Gruppen. „Wer Ohren hat, der höre, was der Geist den Gemeinden zu sagen hat“ (Offenbarung 2,7). Das gemeinsame Hören auf Gott und die Unterscheidung der Geisteshaltung in Entscheidungs- und Planungsprozessen sind hierbei wesentliche Elemente.

Geistliche Begleitung ermöglicht Teams, Gremien und Leitungsebenen in Kirche und Diakonie ihre Planungs- und Entscheidungsprozesse in geistlicher hörender Haltung zu gestalten wie es dem gemeinsamen Auftrag entspricht. Inmitten von Sachfragen wird auf diese Weise die Dimension eines „Leben im Geist“ (Gal. 5,16.25) einbezogen.

Die mögliche Bedeutung Geistlicher Begleitung für das Umfeld

Sowohl die Propheten und Prophetinnen des alten Bundes als auch Jesus waren in Person und Wirken eine wandelnde Irritation religiöser und gesellschaftlicher Systeme, indem sie Gottes Wort verkörpert und mit konkreten Alltagssituationen verwoben haben. Geistliche Begleitung fördert einen ganzheitlichen Blick auf die Welt und betrachtet Gott als die eine, alles durchdringende Kraft.

Kirche und Diakonie sind soziale Systeme. Sie bewegen sich im Raum der Gesellschaft in anderen sozialen Systemen und versuchen auf sie einzuwirken. Zu den „Nebenwirkungen“ von Geistlicher Begleitung in Kirche und Diakonie kann das Aufdecken von unheilvollen Systemstrukturen gehören, als auch die Bildung von systemverändernder Herzenshaltung inner- und außerhalb.

Gremienspiritualität fördern / Gott im Prozess erleben

Während es ein Merkmal geistlicher Begleitung ist, dass es eine begleitende Person von „außen“ gibt, gibt es auch Methoden, die eine Gruppe oder ein Gremium darin unterstützen wollen, sich selbst geistlich zu leiten.

In den letzten Jahren ist ein vermehrtes Interesse an Spiritualität in Gremien auszumachen.

Bischöfin Petra Bosse-Huber merkt dazu an: „Die ehrenamtlich wie beruflich Mitarbeitenden in unseren Leitungsgremien möchten ihre Aufgaben annehmen und erfüllen – aber mit spürbarer Rückbindung an ihren Auftrag, an die gute Botschaft. Sie wollen selbst geistlich geleitet werden – vom Heiligen Geist -, damit sie dann selbst geistlich leiten können.“

Aber wie kann das konkret aussehen und gemeinsam eingeübt werden?

An dieser Stelle setzt die midi-Toolbox „Gott im Prozess erleben – Gremienspiritualität“ ein.

Sie will Gremien in Kirche und Diakonie helfen, inmitten ihres Planens und Handelns Freiräume für das Lauschen auf das Reden Gottes zu finden und zu lernen, die eigene Intuition dafür zu stärken. Das erfolgt oft spielerisch und kann überraschende Perspektivwechsel mit sich bringen, so dass auch geistlich ungeübte Menschen in mitten des normalen Sitzungsgeschehens etwas von der inspirierenden Gegenwart Gottes erleben können.

Literatur

Wolke und Feuersäule, Geistliche Begleitung in Kirche und Diakonie – Neubelebung einer alten Praxis der Seelsorge, Hg. Markus Dröge, Astrid Giebel, Ulrich Lilie, Andrea Richter, Wichernverlag Berlin 2019

Geistlich Begleiten. Eine Bestandsaufnahme evangelischer Praxis, Hg. Dorothea Greiner, Klaus Raschzok, Matthias Rost, Leipzig, 2011