Digitale Communities

Eine Pilotstudie zur Followerschaft von christlichen Influencer:innen auf Instagram

Shortfacts zur Studie

Die Ev. Arbeitsstelle midi hat in enger Abstimmung mit dem yeet-Netzwerk und der Stabsstelle Digitalisierung des EKD-Kirchenamtes seit Juli eine Pilotstudie zur Followerschaft von christlichen Influencer:innen auf Instagram durchgeführt und ausgewertet.

Der Erhebungszeitraum war Mitte Juli. Gegenstand der Untersuchung waren die Follower:innen und Follower von – exemplarisch für diese Pilotstudie ausgewählten – 13 christlichen Influencer:innen auf Instagram.

Insgesamt haben an der Online-Umfrage, die von den Influencer:innen in ihren Stories und via Posts an vorher festgelegten Tagen ausgespielt wurde, 3133 Follower:innen teilgenommen. 2828 Rückmeldungen waren auswertbar.

Bezogen auf alle Follower:innen der 13 Influencer:innen – 109.193 – macht das eine Rücklaufquote von 2,6%. Bezogen auf die Aufrufe der Stories, in denen der Einladungslink bei den 13 Inlfuencer:innen enthalten war, ergibt sich eine Ausschöpfungsquote von 20,2%.

Was hat uns dazu veranlasst, eine solche Pilotstudie durchzuführen?

Die Ev. Arbeitsstelle midi hat in ihren Studien zu Digitalen Verkündigungsformaten während der Pandemie als ein Ergebnis festgehalten, dass es lohnenswert wäre, mehr über die ‚Insta-Gemeinden‘ zu erfahren, die während der Pandemie an Sichtbarkeit substanziell zugenommen hatten.

Dies schien uns auch deshalb dringend erforderlich, da das Feld der Followerschaft bei christlichen Influencer:innen auf Instagram erstaunlicherweise bisher in der Religionssoziologie wie der Praktischen Theologie ein nahezu unerforschtes Feld darstellt.

Mit der vorliegenden Pilotstudie Digitale Communities hat die Ev. Arbeitsstelle midi empirisches Neuland betreten. Wir haben versucht, phänomenologisch-deskriptiv, der von Gerald Kretzschmar zurecht postulierten Notwendigkeit mit Blick auf das weitere Nachdenken über die Digitalisierung im kirchlichen Raum Rechnung zu tragen. Ich zitiere: „Für das weitere Nachdenken über die Digitalisierung sind empirische Erkenntnisse über die faktische Nutzung digitaler Medien innerhalb der Kirche genauso notwendig wie Kenntnisse über Wünsche und Bedürfnisse der Mitglieder und anderer potenzieller Nutzer.“

Hierzu wurden exemplarisch die Nutzer:innen von 13 ausgewählten christlicher Influencer:innen auf Instagram befragt, um eben die Bedürfnislage, Motivation, und das Nutzungsverhalten der Followerschaft besser wahrnehmen zu können.

Nach welchen Kriterien haben wir die 13 Influencer:innen ausgewählt?

Naheliegend war für uns, das Netzwerk mit zu nutzen, das im evangelischen Raum seit 2020 besteht mit Blick auf Content-Creator:innen: das yeet-Netzwerk. Entsprechend haben wir in diesem Netzwerk zur Mitwirkung an der Studie eingeladen. Insgesamt haben 8 Influencer:innen aus diesem Kontext letztlich zugesagt:

Theresaliebt, Wasistdermensch, Wynschkind, pynk_pastor, Einschpunk, pfarrerausplastik, riegeros und ja.und.amen.

Wir wollten darüber hinaus allerdings auch abbilden:

Die unterschiedliche Reichweite, die Diversität der Frömmigkeitsstile, der Themen und Profilschwerpunkte, Color of People gerecht werden, die Geschlechterverteilung ausgewogen halten, Ankerpunkte zum freikirchlichen und katholischen Feld setzen und Influencer*innen vertreten haben, die das Produzieren von Content sowohl als Teil ihres Dienstauftrages vornehmen, aber auch Personen, die das freiwillig in ihrer Freizeit machen.

Entsprechend divers ist die Zusammensetzung der 13 Influencer:innen. Neben den schon erwähnten Profilen haben teilgenommen: sara3klang, pastor_vanniekaap_pastorengel, koerper.poesie und faithpwr.

Was haben wir gefragt?

Insgesamt umfasste die Online-Umfrage 12 Fragen. Neben den Fragen zum Geschlecht und zum Alter (Soziodemographie) und der Frage, über welches Profil der/die Follower/in auf diese Umfrage gestoßen ist, wurde danach gefragt:     

  • Wie bist du auf das Profil gekommen? (Zugänge)
  • Warum folgst du dem Profil? (Motivation)
  • Was nimmst du von diesem Profil für dich am ehesten mit in deinen Alltag? (Mehrwert)
  • Frage zur subjektiven Spiritualität/Religiosität und zur Kirchenverbundenheit (Mitglied einer Kirche? Kontakt zur einer Kirchengemeinde?) und Frage, wie wichtig der Content für die eigene Spiritualität/Religiosität ist. (Spiritualität/Religiosität/Kirchenverbundenheit)
  • Folgst Du darüber hinaus einem oder mehreren dieser Profile? (Vernetzung)

Was sind die zentralen Befunde und Einsichten?

  1. Die Followerschaft gehört mehrheitlich der Generation Z und Y (58,4%) an und ist weiblich. (85%) bei den Jungen Erwachsenen sind es dabei vor allem die älteren der Jungen Erwachsenen, also 24-29-Jährigen. Beachtlich auch der Anteil derjenigen, die zwischen 40 und 59 Jahre alt sind: 33,1%. Bei christlichen Influencer:innen finden wir ganz offensichtlich die Zielgruppen, die wir sonst so schmerzlich im Präsentisch-Analogen vermissen.
  2. Die Befunde der Studie machen deutlich, dass die Teilnehmenden vornehmlich Mitglieder einer Kirche sind (85,5%), Kontakt zur Kirchengemeinde haben (69%) und sich mehrheitlich als religiös/spirituell einstufen (90,8%). Die Mehrheit der InfluencerInnen dieser Studie leisten also offenbar einen wichtigen Beitrag zur digitalen Mitgliederbindung.
  3. Darüber hinaus sind 19,3% der Follower:innen zwar Mitglied einer Kirche, haben aber keinen Kontakt zu einer Kirchengemeinde. Das fassen wir als Potential zu digitalen Mitgliederorientierung/-pflege auf. Schließlich können wir noch missionarische Potentiale ausmachen: 11,9% sind weder Kirchenmitglied, noch haben sie Kontakt zu einer Kirchengemeinde oder würden sich als religiös/spirituell einstufen.
  4. Betrachtet man sich die Ergebnisse zur Frage, wie die Follower:innen auf das Profil gekommen sind, so lässt sich festhalten: der Zufall oder aber auch der Algorithmus führt Regie. 62,2% gaben an, dass sie einen Zugang zufällig oder über Verlinkung/Empfehlung gefunden haben.
  5. Bei der Frage nach dem Mehrwert des Contents für den eigenen Alltag sticht heraus: die Authentizität der Influencer:innen im Glauben ist für 75,6% wichtig. Dieser Befund korreliert mit dem Befund, dass für Zweitdrittel der Content für die eigene Spiritualität relevant ist. Es gelingt den Influencer:Innen offensichtlich, auf authentische Weise Glauben, Spiritualität und Religion so zur Sprache zu bringen, dass dies Resonanz findet. Digitale Communities können daher als Resonanzraum für authentischen Glauben, Spiritualität und Religion angesehen werden. Darüber hinaus ist entscheidend, dass der Content interessant, aktuell und innovativ sein muss.
  6. Unter Netzwerkgesichtspunkten haben wir es bei Digitalen Communities mit einem Cluster von Personen zu tun, die sich durch „starke Beziehungen“ auszeichnen, die durch die Brückenköpfe der Influencer:inenn hergestellt werden. Erstaunlich, wie dicht das Netzwerk digitaler Communities ist. 95,6% der Followerschaft gab an, dass sie vielfältige Beziehungen zu anderen Profilen unterhalten.

Digitale Commmunities: sie sind „lose soziale Netzwerke“, die sich dadurch auszeichnen, dass sich ihre Mitglieder infolge gemeinsamer Bedürfnis- und Interessenlagen dynamisch „in unterschiedlichen Graden der Zugehörigkeit und Verbundenheit“ miteinander vernetzen und dadurch ein Netzwerk an Beziehungen hervorbringen. Digitale Communities können als „personalisierte soziale Netzwerke“ angesehen werden, die es dem Individuum erlauben, „das Ausmaß ihrer Beteiligung selbst zu bestimmen“, wobei es den Einzelnen auch möglich ist, „mehrere soziale Kontexte gleichzeitig zu verknüpfen“

Ausblick

Bei der vorliegenden Studie handelt es sich, wie der Untertitel schon sagt, um eine Pilotstudie, um erste Erkundungen im digitalen Feld der Communities am Beispiel von Instagram vorzunehmen. Eine vertiefte Beschäftigung mit den Ergebnissen der Studie aber auch darüber hinaus im Feld liegt nahe.

Digitale Communities, sie stellen Brücken im Digitalen dar, für Menschen, die im Analogen schmerzlich von uns vermisst werden. Digitale Communities sind aus unserer Sicht wertvolle Orte für die Zukunft unserer Kirche, die es noch weiter neugierig zu entdecken gilt.