Von Anglerhosen und Clownsschuhen

Von Dr. Sigurd Rink

Der Sprinter nach Hannover hatte wertvolle Fracht. Erst fischte die Berliner Stadtmission über Wochen die originellsten Schuhe aus ihrer Altkleidersammlung: Rote Papstschuhe, Schlangenleder, Moon-Boots. Dann ging es zum Theaterfundus um die wildesten Schuhe einzusammeln: Fette Clownsschuhe, Anglerhosen mit integriertem Schuhwerk, Plateau-Schuhe mit Absätzen bis zum Abwinken.

Das Ziel der Reise: Kirchentag Hannover, Halle 6, Markt der Möglichkeiten. Die Idee am Stand der #VerständigungsOrte: Mal die Perspektive wechseln, mal in die Schuhe eines anderen schlüpfen.

Die Idee ging auf. Wir haben nicht gezählt, wie viele in den drei Tagen der Messe sich buchstäblich und physisch in die Schuhe anderer gestellt haben. Es waren Alte, Junge, Große, Kleine… Und es ging ganz schön akrobatisch zur Sache. Wenn man auf 12 cm hohen Absätzen jongliert.

Das gab viele Ansätze zum Gespräch: Einmal die Perspektive wechseln. Dem Anderen wirklich zuhören. Seinen Geschichten lauschen - genau das braucht Verständigung. Nicht wenige hatten Lust, sich in Zukunft an der Initiative aktiv zu beteiligen, manche haben ihr eigenes Projekt direkt in die Karte der #VerständigungsOrte eingetragen. Da wächst eine Bewegung!

Wer dann völlig erschöpft sich der Anglerhosen entledigte, ging fünf Meter weiter ins Cafè Pause Inklusiv der Diakonie um sich dort mit einem frisch gebrühten Espresso am Kaffee-Rad verwöhnen zu lassen. Insgesamt etwa 100 Menschen mit und ohne Einschränkungen taten da ihren Dienst.

In der Lounge konnte man sich bequem in die Polster fallen lassen und dem ein oder anderen kurzen Gespräch mit Julia Klöckner, Katrin Göring-Eckardt, Kirsten Fehrs, Rüdiger Schuch zuhören oder ein Tagzeitgebet aktiv mitgestalten.   

Ein besonderer Höhepunkt dieses Kirchentags war das #VerständigungsOrte-Feierabendmahl. Freitag abends in der Gemeinde am Döhrener Turm. 200 Menschen versammelten sich, um unter der Überschrift „Flucht und Vertreibung hat viele Gesichter“ vier Menschen mit Fluchterfahrungen einfach zuzuhören: aus dem Iran, aus Mosambik, aus der Ukraine, aus Schlesien. Die Teilnehmenden kamen beeindruckt über das Gehörte ins Gespräch. Annie Heger sang mit ihrer plattdeutschen Version von „Der Mond ist aufgegangen“ den Abendsegen.

Nach sieben prall gefüllten Tagen kam der Sprinter nach Berlin zurück. Ziemlich geräubert und geleert – aber voll von Erzählungen und Erfahrungen. Der ganze Kirchentag war ein – #VerständigungsOrt.