Glaubensquelle Bibel

­Als ich noch Gemeindepfarrer war, predigte ich Sonntag für Sonntag über einen Bibeltext. Die Reaktion der Gemeindeglieder war einerseits sehr erfreulich. Sie meldeten mir zurück: „Wir hätten nie gedacht, dass dieses alte Buch eine derartige Relevanz für unser Leben besitzt.“ Darüber freute ich mich natürlich, denn

ich bin davon überzeugt, dass es im Grunde keine wichtigere, relevantere und inspirierendere Quelle für unseren Glauben und unser Leben gibt als die Bibel.

Als ich meine Gemeindeglieder jedoch fragte, ob sie denn nun verstärkt selbst in der Bibel lesen würden, antworteten sie mit entwaffnender Ehrlichkeit: „Nein.“

Behutsam fragte ich nach, warum das nicht so sei. Die Antwort lautete: „Ach, wir haben‘s ja versucht. Aber mal ganz ehrlich: Das, was du uns da Sonntag für Sonntag präsentierst, das kriegen wir selbst so nicht hin. Wir schlagen die Bibel auf, aber das, was wir uns selber dazu erarbeiten, ist nie so gut wie das, was wir in der Predigt zu hören bekommen. Also haben wir wieder aufgehört, selbst in der Bibel zu lesen und freuen uns stattdessen auf den Gottesdienst.“

Mich erschreckte diese Rückmeldung zutiefst. Ich registrierte, dass ich in jahrelanger Predigttätigkeit das genaue Gegenteil von dem erreicht hatte, was ich eigentlich wollte. Ich hatte die Leute nicht ermutigt, sondern entmutigt, in der Bibel zu lesen. Und dachte an das bekannte chinesische Sprichwort: „Gib jemandem einen Fisch, so hat er einen Tag lang zu essen. Lehre ihn fischen, dann hat er für sein Leben genug.“ – Ich hatte meinen Gemeindegliedern Sonntag für Sonntag einen fertigen „Fisch“ zubereitet. Aber ich hatte ihnen nicht beigebracht, selber zu fischen.

Dabei ist persönliches Bibellesen unabdingbar wichtig. Die Bibel ist die unmittelbarste Verbindung, die wir Menschen zu Gott haben. In ihr redet Gott zu uns wie nirgendwo anders. Durch die Bibel kommt göttliche Kraft in unser Leben; durch die Bibel lernen wir Jesus Christus kennen; sie gibt uns Trost, Orientierung, Lebensweisheit und vieles andere mehr.

Ohne Bibel wird das, was Martin Luther als „allgemeines Priestertum“ bezeichnet, immer eine fromme Illusion bleiben.

Die Fähigkeit, die Bibel mit Lust und persönlichem Gewinn zu lesen, fällt freilich nicht einfach vom Himmel. Sie ist eine Kunst, die man lernen kann, aber auch lernen muss. Jeder Mensch ist in der Lage, bei entsprechender Anleitung mit einiger Übung die Bibel so zu lesen, dass es ihm „etwas gibt“. Dass er Gott darin sprechen hört, Inspiration für sein Leben erfährt und Orientierung für den Alltag daraus empfängt.

midi leistet sich dafür eine eigene Stelle: Kerstin Offermann ist Pfarrerin und unsere Referentin für innovatives Bibellesen und missionarische Bibelprojekte. Viele Jahre – längst bevor ich bei midi war und bevor es midi überhaupt gab – habe ich ihre überaus gelungenen Fachtage und Konferenzen zum Thema „Bibel“ und „Bibel lesen“ besucht.

Nun hat sie ein neues Buch veröffentlicht: „Gottes Bestseller“. Ganz in der Tradition der von ihr betreuten jährlichen Bibelwoche bringt Kerstin Offermann interessierten Personen und Gruppen in sieben Schritten nahe, was der rote Faden durch die Bibel ist, wie man die Bibel mit Gewinn liest und wie die Bibel zu unserem ganz eigenen, persönlichen Buch wird.

Vielen Menschen fällt das Bibellesen schwer. Das möchte „Gottes Bestseller“ ändern. Das Buch bietet eine Fülle kreativer Methoden und Ansätze, um Menschen den (Neu-)Einstieg ins Bibellesen zu ermöglichen. Es ist primär für Gemeinden und Gruppen geschrieben, man kann es aber auch als Einzelperson mit viel Gewinn lesen.

Ob Sie nun „Gottes Bestseller“ lesen, oder welche Hilfe Sie auch immer in Anspruch nehmen – es lohnt sich. Mit Recht sagt der Kirchenvater Johannes Chrysostomus (344-407):

Um erwachsene Christen zu werden, müsst ihr euch mit der Schrift vertraut machen.