Alle Jahre wieder
Seit rund 40 Jahren schreibe ich beruflich Weihnachtsbriefe. Und jedes Jahr neu überlege ich mir, was ich zu diesem trotz aller Entchristlichung immer noch beliebtesten Fest der Deutschen schreiben soll. Viele Aussagen, die man dieser Tage liest oder zu hören bekommt, sind zwar richtig, haben sich aber im Lauf der Jahre abgenutzt. Dass es nicht um Konsum geht, zum Beispiel. Oder dass Jesus nicht in einem Palast geboren wurde, sondern in einem Stall. Dass unsere vielen Weihnachtsvorbereitungen uns nicht von Jesus ablenken sollen, um den es an Weihnachten eigentlich geht. Dass es nicht auf die Größe der Geschenke ankommt, sondern auf unser Herz ... (gähn).
Wie gesagt: Das ist alles absolut richtig. Aber leider auch – „alle Jahre wieder“ – ziemlich vorhersagbar. Für mich ist es eine Art persönlicher Weihnachtsvorbereitung geworden, in den Wochen des Advents so lange und so intensiv über die Weihnachtsgeschichte und das Phänomen von Weihnachten nachzudenken und zu meditieren, bis ich einen neuen Aspekt darin gefunden habe. Nichts unbedingt Spektakuläres, aber etwas Frisches, so noch nicht oder lang nicht mehr Gesehenes.
Wir können und sollen Weihnachten nicht jedes Jahr neu erfinden. Aber wir können ihm immer wieder eine neue Seite abgewinnen.
Martin Luther hat einmal gesagt, die Bibel sei für ihn wie ein Kräutlein: je mehr man daran reibe, desto mehr dufte es. Ähnliches gilt auch für die Botschaft von Weihnachten. – Drei Aspekte, die mir dieses Jahr wichtig geworden sind, sind diese:
1. An Weihnachten lernen wir, das Große im Kleinen zu entdecken
Die Weihnachtsgeschichte erzählt von einem Baby in Windeln, von Hirten, die kaum jemand beachtet, und von einem Stall, der alles andere als königlich ist. Und doch beginnt genau dort die größte Geschichte der Welt. Die Engel sagen den Hirten: „Ihr werdet finden das Kind in Windeln gewickelt und in einer Krippe liegend“ (Lukas 2,12).
Das ist nun wirklich nicht spektakulär. Es ist vielmehr so unscheinbar, dass die Engel erst mit großem Tamtam darauf hinweisen müssen. Spektakulär ist allerdings, dass Gott selbst sich in diesem Kind zu erkennen gibt, ja dass es der ganzen Welt Heil und Segen bringen soll. Das Große – ja: der Große – versteckt sich im Kleinen – und das Kleine ist nie zu klein, um von Gott gebraucht zu werden. Was unscheinbar wirkt, kann die Welt verändern – und vielleicht sehen wir es erst, wenn wir die Augen wirklich öffnen. Weihnachten fordert uns heraus, anders hinzusehen.
2. Weihnachten verkündet nicht das Ende der Dunkelheit – sondern das Licht mitten darin
„Das Volk, das im Finstern wandelt, sieht ein großes Licht“ (Jesaja 9,1). Bitte beachten Sie, dass hier nicht steht: „… und das war das Ende der Dunkelheit.“ Die Bibel macht uns keine falschen Versprechungen. Die Finsternis um uns herum ist immer noch finster. Aber da ist ein Licht. Von ferne vielleicht noch, aber es prägt bereits die Gegenwart. Es zeigt, dass Gott uns in unserer Dunkelheit nicht vergessen hat, sondern sagt: „Ich lasse euch nicht allein. Ich gehe mit euch. Wir überwinden das Dunkle gemeinsam.“ – Das ist keine Instant-Lösung. Im Moment kämpfen sie noch miteinander, Licht und Finsternis: „Das Licht leuchtet in der Finsternis, und die Finsternis hat es nicht erfasst“ (Johannes 1,5).
Die Dunkelheit bleibt ein Teil dieser Welt, aber, so verspricht uns Gott, sie hat nicht das letzte Wort.
Das Licht Jesu schenkt uns Hoffnung. Nicht auf ein perfektes Leben, sondern auf ein Leben, das getragen ist – von einem Licht, das nicht erlischt.
3. Weihnachten sagt uns, dass Hoffnung einen Namen hat: Jesus Christus
Die Welt ist ein chaotischer Ort. Nachrichten, Sorgen, Druck – manchmal scheint alles zu dunkel, um noch an etwas Gutes zu glauben. Und dann kommt Weihnachten und Gott sagt: „Es gibt Hoffnung.“
Die Hoffnung ist kein Prinzip und keine Philosophie, sondern eine Person.
Darum nennt Jesus sich selbst das „Licht der Welt“ (Johannes 8,12). Dieses Licht verspricht keine Märchenwelt ohne Probleme, aber es bringt Orientierung, Wärme und einen neuen Anfang. Es zeigt uns: Wir sind nicht allein. Gott sieht uns. Er begleitet uns. Und er lässt uns nicht im Dunkeln sitzen.
Hoffnung ist kein diffuses Gefühl oder ein Wunsch, dass alles schon irgendwie gut wird. Vielmehr gibt Weihnachten der Hoffnung ein Gesicht: Jesus, den Retter, der nicht fernbleibt, sondern uns nahekommt und unser Leben teilt. Er zeigt uns, dass Gott nicht nur zusieht, sondern handelt – in einer Welt, die oft zerbrochen ist. „Denn euch ist heute der Retter geboren, welcher ist Christus, der Herr“ (Lukas 2,11).
Diese Hoffnung ist kein „Vielleicht“, sondern ein „Ja!“. Weihnachten lädt uns ein, diesem Namen zu vertrauen, der mehr trägt als alles, was uns je Halt geben könnte.
Hoffnung hat einen Namen, und der heißt Jesus.